Impulsgedanke
426-Lizenz zum Zürnen
von Pfarrer Wolfram Rohloff
Ein Gewitter zieht übers Gebirge, sein dunkles Gewölk ist von weitem schon zu
sehen, dumpf grollt die Ferne...
Wie bestimmt man die Entfernung eines Gewitters? Sekunden geteilt durch drei
ergibt aber die ungefähre Entfernung in Kilometern. Das Gewitter naht. Jetzt schnell
unters Dach! Eigentlich ist ein Blitz ja nur eine elektrische Entladung, bloß Energie,
aber die ist lebensgefährlich. Bis heute erinnert darum ein alter Gedenkstein bei
Lauterbach an den Tod eines Jungen im Gewitter. Blitz und Donner... ein altes Bild
für Zorn und Streit. Mit beiden müssen wir lernenumzugehen, ehe es kracht.
Darum heißt es im Monatsspruch für Februar 2022 in Epheser 4,26:
Zürnt ihr, so sündigt nicht;
lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.
Vier Gedanken zu christlichem Zorn:
1. Zürnt!
schreibt Paulus als erstes Wort! Christen haben eine Lizenz zum Zürnen! Zorn ist
erlaubt, ist menschlich und manchmal unvermeidlich. Sogar Jesus zürnte! Als er die
Unbarmherzigkeit seiner Gesprächspartner sah, schaute er sie voll Zorn an,
berichtet das Markusevangelium (Markus 3,5). Vergiss nicht: Je länger sich ein
Gewitter aufstaut, desto verheerender seine Gewalt!
2. Zürnt ihr, so sündigt nicht!
Aber gibt es tatsächlich Zorn ohne Sünde? Wir lernen an Jesus, dass Zorn erst
einmal ein Erschrecken und Entsetzen über Unmenschlichkeit und Böses ist. Dieses
Entsetzen legt gewaltige Energien in uns frei. Wo aber lenke ich diese Gewalt hin?
Soll sie vernichten oder aufbauen? Darum eine strenge Mahnung
an mich und alle Wutbürger: Zürnt ihr so sündigt nicht!
3. Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.
Nicht grundlos nennt Paulus diese Frist Zorn darf sich nicht wie ein Gewitter, das in
einem Talkessel eingesperrt ist, aufstauen. Zorn muss aus der verfinsterten Seele
rausgelassen werden. Denn je länger ich Zorn in mir aufstaue, desto mächtiger seine
Gewalt.
Paulus zitiert mit seinen ersten fünf Worten Psalm 4,5. Dort heißt es: Zürnet ihr, so
sündiget nicht: redet in eurem Herzen auf eurem Lager und seid stille.
Und das gibt uns einen notwendigen Blitzableiter an die Hand:
Sprich am Ende des Tages vor Gott deinen Zorn, deine Entrüstung, deine Wut
ehrlich aus! Bete am Abend! Denn sein ist die Rache. heißt es in der Bibel. Es ist
darum nicht meine Angelegenheit, Rache zu suchen. Das Gebet ist unser
Blitzableiter.
Und wozu das alles? Warum sollen wir nicht selbst vergelten? Weshalb sollen wir
nicht Böses mit Bösem heimzahlen? Ich ergänze Vers 27:
26. Zürnt ihr, so sündigt nicht: lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen
27. und geht nicht Raum dem Teufel.
Wenn ich meinen Zorn in mir aufstaue. ihn nicht bei Gott ablasse, wenn ich nicht
Gott die eventuelle Rache überlasse, gebe ich dem Bösen in mir Raum. Denn das ist
doch das Kennzeichen des Bösen: Der Missbrauch des Guten und des Erlaubten zum
Bösen.
Soweit soll es nicht kommen! Du hast die Lizenz zum Zürnen, aber ohne Sünde. Lass
die Gewalt heraus und lenke sie zum Guten.
Das meint Epheser 4,26: 426 - Deine Lizenz zum Zürnen.